ich sehe die Sonne - Roman von Nodar Dumbadze auf Deutsch

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Wir möchten Ihnen einen Roman des beliebtesten georgischen Schriftstellers Nodar Dumbadze (1928–1984) anbieten: Ich sehe die Sonne. Nodar Dumbadze nahm bereits zu seinen Lebzeiten einen Platz unter den klassischen georgischen Schriftstellern ein. 

 

Die Erzählung spielt während des Zweiten Weltkrieges in einem Dorf Guriens, einer Region in Westgeorgien, die für ihren urtümlichen Humor bekannt ist. Die Protagonistin des Romans ist ein blindes Mädchen namens Chatia, das, wie sie selbst sagt, nur die Sonne und ihren Geliebten Sosoya sieht. Trotz der Wirren und der Not des Krieges verlieren die Dorfbewohner nie ihren Humor und ihre zwischenmenschliche Liebe. Der Roman wurde auch verfilmt und auf Theaterbühnen in den verschiedensten Ländern aufgeführt. Das Buch wurde 1962 ins Deutsche übersetzt. Der Nachdruck ist eine vom Daltas-Verlag herausgebrachte Lizenzausgabe.
 

Ausschnitt aus dem Roman:

"Tante Keto

auf unserem spanischen Kirschbaum saß ein kleiner, flaumiger
Kirschfink und sang so begeistert, dass meine Tante ihre Arbeit liegen
ließ, die kleine dreibeinige Bank aus der Küche holte und sich
daraufsetzte, um ihm zu lauschen. Der Vogel zwitscherte, trillerte,
pfiff, und ich begleitete ihn im Stillen und versuchte immer aufs
Neue, erst dann Luft zu holen, wenn er eine Pause einlegte. Aber
ich hatte nicht solch einen langen Atem wie er. Von Zeit zu Zeit
verstummte der Kirschfink, blinzelte nach Vogelart mit einem Auge
dorthin, wo die Sonne unterging, und setzte alsdann seinen Gesang
fort. Riesengroß und rot, einem runden kupfernen Tablett gleich,
versank die Sonne am Ende der Erde und übergoss die im Supsatal
verstreuten
Häuser mit Feuerschein.
»Keto!«, rief jemand auf der Straße. Jäh brach der Gesang ab.
»Sosso, he, Sossoja!«
»Kommen Sie rein!«, antwortete ich unwirsch und stand auf. Der
Brigadier Datiko kam auf den Hof.
Mit einem »Guten Tag!« begrüßte er uns.
»Guten Tag!«, antwortete meine Tante, stand auf und bat den
Gast in die Küche.
Ich streckte mich wieder im Gras aus und wartete darauf,
dass
der Vogel von Neuem trillern würde. Aber der Kirschfink sang nicht
mehr. Da ging ich in die Küche. Datiko erzählte der Tante gerade
etwas. Als er mich erblickte, verstummte er. Meine Tante saß vor
dem Kamin, hielt mit den Händen die Knie umschlungen und sah
unverwandt
in die glimmenden Kohlen. Datiko zog seinen Tabaksbeutel
aus der Tasche, drehte sich eine Zigarette und zündete sie mit
einem brennenden Holzscheit an. Im selben Augenblick verbreitete
sich in der Küche der Geruch
selbstgebauten Tabaks".

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